BERLIN – Onno Wulf hat ein Problem: „Ich bin nicht so der Duz-Typ.“ Das ist misslich. Denn Onno Wulf arbeitet für Menschen, für die Duzen zur politischen Grundeinstellung gehört, Teil ihrer Weltanschauung ist. In seinem schmalen Büro im Jakob-Kaiser-Haus, dem sechsstöckigen Abgeordnetenblock entlang der Spree, hängen die Bilder von Menschen, die er nach alter SPD-Tradition eigentlich als „den Willy“, „den Helmut“, „den Gerhard“ und „die Annemarie“ ansprechen müsste. „Du und Annemarie,“ sagt Wulf, „das ging überhaupt nicht. Das war eine Frau der Zeitgeschichte, bundesrepublikanisches Urgestein sozusagen. Die konnte ich doch nicht duzen.“
Noch heute merkt man ihm den Respekt an, den er für die 2008 verstorbene Politikerin hegt, die 37 Jahre lang im Bundestag saß, die als erste Frau zur Bundestagspräsidentin gewählt wurde, eine der herausragenden Persönlichkeiten der Nachkriegs-SPD. „Das war natürlich ,Frau Renger‘ für mich.“ Bis der Nicht-Duzer Wulf ehrenamtlicher Geschäftsführer der Kurt-Schumacher-Gesellschaft wurde. Deren Vorsitzende war Annemarie Renger und die wollte partout geduzt werden. Wulf lavierte einige Wochen herum, bis der Vorsitzenden der Kragen platzte .„Eines Tages hat sie mich in ihrem Büro auf einen Stuhl gesetzt und gesagt: Das geht nicht so weiter. Ich rede Dich mit Onno an und Du sagt ständig Frau Renger. Damit ist jetzt Schluss. Ich bin die Annemarie, verstanden?“ Wulf zuckt mit den Schultern. „Sie hat mich praktisch zum Du gezwungen.“
Bei seinem ersten Job in der Politik war das „Du“ kein Problem. Denn seinen Arbeitgeber kannte er schon lange, er wohnte gegenüber dem Haus seiner Eltern in Heisfelde. Er hieß Günther Tietjen. Ältere Sozialdemokraten bekommen heute noch Glanz den Augen, wenn der Name fällt. Der Leeraner Ex-Kripobeamte war seit 1972 SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Unterems und hatte einen legendären Ruf als begnadeter Strippenzieher. „Freitagabends ruft Günther mich an: Onno, morgen früh halb acht, schwarzer Anzug, Schlips. Du fliegst mit zum Staatsakt für Willy Brandt.“ Auch 18 Jahre danach muss Wulf noch den Kopf schütteln. „Ich zum Staatsakt? Außerdem hatte ich gar keinen schwarzen Anzug. Wo bekommt man am Freitag nach Ladenschluss noch einen her?“ Von einem Freund leiht er sich schließlich dessen Hochzeitsanzug. „500 000 Genossen hätten wer weiß was dafür gegeben, um beim offiziellen Abschied von Willy dabei zu sein. Keine Chance, an Karten zu kommen. Außer für Günther. Der hat welche besorgt.“ Wie? In der Woche vor der Trauerveranstaltung für den SPD-Ehrenvorsitzenden hatte Tietjen Bundestagskollegen von den anderen Parteien, die nicht zum Staatsakt wollten, ihre Eintrittskarten abgeschwatzt und an enge Mitarbeiter und Freunde verteilt. „Ich glaube, ich war Johnny Klein“, meint Wulf sich zu erinnern. Hans „Johnny“ Klein: CSU-Mann, damals stellvertretender Bundestagspräsident und 61 Jahre alt. So kam es, dass der 27-jährige Onno Wulf aus Leer-Heisfelde im Anzug mit zu kurzen Armen unter den wichtigsten Repräsentanten aus der ganzen Welt saß, um Abschied von Willy Brandt zu nehmen. „Es war sensationell: Ich zwei Reihen hinter Gorbatschow und Prinz Charles.“ Das war 1992 und der Student der Politologie und Literaturwissenschaften hatte inzwischen schon fünf Jahre Erfahrung als Mitarbeiter von Tietjen. Erst Semesterjobs im Wahlkreisbüro in Leer, nach der Wende für ein halbes Jahr Aufbauhelfer für die SPD in Wolgast inklusive Wahlkampf gegen den späteren CDU-Verkehrsminister Günther Krause. „Mir hat das unheimlich Spaß gemacht und ich wusste: Das ist genau das, was ich will.“
Wulf ist mittlerweile seit über 20 Jahren in seinem Traumberuf. Es gibt nicht viele, die so lange im Bundestag sind wie er. „Weniger als eine Hand voll“, schätzt er. Wulf, dezenter Schlips, dunkler Anzug mit SPD-Abzeichen am Revers, gehört zu der Schar derer, die man selten sieht, von denen man noch weniger hört und ohne die keiner der über 600 Bundestagsabgeordneten funktionieren könnte. Meist sind es junge Männer und Frauen, frisch von der Universität, hochmotiviert und oft nicht besonders gut bezahlt. Sie machen den Job, der in den Sitzungswochen gerne auch 14-Stunden-Tage bedeutet, ein oder zwei „Perioden“ lang, wie es im Jargon heißt, also vier oder acht Jahre. Dann haben sie so viel Erfahrung im Politikbetrieb gesammelt und so viele Kontakte geknüpft, dass sie ans Geldverdienen denken können. Manche bewerben sich selbst um ein Bundestagsmandat, andere finden lukrative Jobs als Lobbyist oder in Stabsstellen von Industrieunternehmen, einige gehen in die Wissenschaft.
Bleiben tun die wenigsten. Denn der Beruf des wissenschaftlichen Mitarbeiters hat einen ganz gravierenden Nachteil: Alle vier Jahre muss man um seinen Job zittern. Wenn „sein“ Abgeordneter bei der Wahl durchfällt, steht Onno Wulf erst einmal auf der Straße. „Das“, sagt Wulf, „ist der Mist dabei: Man muss alle vier Jahre schwitzen.“
Fünf Mal hat der heute 45-Jährige geschwitzt, fünf Mal hat es geklappt. Nach dem frühen Tod von Günther Tietjen – er stirbt 1993 mit nur 49 Jahren – findet er für den Rest der Legislaturperiode eine Stelle im Büro von Kurt Palis, SPD-Bundestagsabgeordneter für Soltau-Fallingbostel. „Ein wunderbarer Mensch.“ 1994 wird Reinhold Robbe aus Bunde Nachfolger von Tietjen im Bundestag, Wulf wechselt zu ihm. 1998 zieht er ein Zimmer weiter zu Gerd Höfer aus Nordhessen, wie Robbe Verteidigungspolitiker und heute Präsident des Reservistenverbandes. „Ein großes Vertrauensverhältnis und eine Stelle mit Familienanschluss, einfach toll.“
Seit 2009 arbeitet er für Dr. Edgar Franke, der den Wahlkreis von Höfer übernommen hat. Sein neuer Chef hat nicht nur Onno Wulf von Höfer übernommen, sondern auch Höfers Büroorganisation. Andere Abgeordnete haben eine Sekretärin und einen, manche sogar zwei Mitarbeiter. Dr. Franke hat nur Onno Wulf. „Ich schreibe die Briefe, ich koche den Kaffee, ich mache die Fotokopien.“ Und nebenbei macht er das, wofür wissenschaftliche Mitarbeiter eigentlich da sind.
Nach 15 Jahren Verteidigungspolitik musste Wulf 2009 das Fachgebiet wechseln, denn Dr. Franke ist Gesundheitspolitiker. „Das ist kein Problem, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter muss alles können,“ sagt Wulf, der nicht unbedingt unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet. „Mein neuer Abgeordneter hatte keine Ahnung von Bundestag, ich keine von Gesundheitspolitik. Wir haben uns im ersten Jahr gegenseitig viel beigebracht.“ Er schwärmt förmlich von seinem Arbeitgeber. Der lebe den Begriff Teamarbeit. Was der über OnnoWulf denkt, findet man auf seiner Homepage: „Ostfriese zwar, aber trotzdem in Ordnung.
“Ostfriese? Tee trinkt der Leeraner schon lange nicht mehr, das Wasser in Berlin taugt nichts. Den Kontakt in die Heimat beschränkt er auf Familie und ein paar Freunde, „sonst sind die Wochenenden gleich voll verplant“. Bei „Facebook“ bezeichnet sich Wulf als „Exil-Ostfriese“. Was ihm prompt den schweren Rüffel einer Genossin aus Bingum einbringt: „Das heiße ,Buten-Ostfriese“, nicht ,Exil-Ostfriese‘.“Wulf ist zumindest ein sehr zufriedener Buten-Ostfriese. „Es läuft genau so, wie ich mir das vorgestellt habe, als ich damals bei Tietjen anfing.
“Nicht nur, dass er in seinem Traumjob arbeitet, hautnah dabei ist, wenn „große Politik“ gemacht wird, sondern „ich habe mit meinen Abgeordneten bis jetzt richtig, richtig, richtig viel Glück gehabt.“ Und das sei „ganz, ganz, ganz wichtig“. Und wenn das Glück zu Ende geht? Was wird, wenn sein „Chef“ es bei der nächsten Wahl 2013 nicht schafft? Was für Alternativen hat jemand, der so lange solch einen Job macht? Es bleibt natürlich die Möglichkeit, bei einem anderen Abgeordneten anzuheuern. „Oder ich könnte selbst Abgeordneter werden“, sagt Wulf, der seit einem Jahr Familienvater ist, trocken und lässt nicht durchblicken, ob er das ernst meint.
Vielleicht ein Job in der Partei? Remmer Hein, Wulfs Vorgänger als Mitarbeiter von Tietjen, früherer SPD-Geschäftsführerin Leer und „sein Lehrmeister und Vorbild“, wie Wulf mehrfach betont, ist mittlerweile in der Parteizentrale der niedersächsischen SPD tätig. Wäre das auch für ihn eine Alternative? „Nein“, sagt Wulf, „Partei, das ist nichts für mich. “Vielleicht Lobbyist? Schließlich hat Wulf in über 20 Jahren reichlich Kontakte gesammelt. „Nein, das geht auch nicht“, ist die bestimmte Antwort. „Nicht, dass ich grundsätzliche Bedenken hätte. Das Geld würde mich auch nicht stören. Aber mir fehlt dafür eine wichtige Eigenschaft: Ich bin kein guter Verkäufer.“ „Meine Stärke ist, dass ich weiß, wie Politik geht und wie dieses Land funktioniert. Ich kann Politik erklären und Kontakte vermitteln.“ Also Politikberater? Er wiegt den Kopf. „Politikberaterfirmen sind hier in den letzten Jahren wie die Pilze aus dem Bodengeschossen. Kann man damit überhaupt noch Geldverdienen?“ Begeisterung klingt anders. Nein, Onno Wulf bleibt dabei: Wissenschaftlicher Mitarbeiter eines SPD-Bundestagsabgeordneten, das ist sein Ding. Auch wenn er den Job schon so lange macht und findet, dass sich das Politikgeschäft nicht zum Besseren verändert hat. „Tietjen, Renger, Höfer – die gehören nicht mehr hierher“, sagt er und man hört, wie er das bedauert.
Noch heute merkt man ihm den Respekt an, den er für die 2008 verstorbene Politikerin hegt, die 37 Jahre lang im Bundestag saß, die als erste Frau zur Bundestagspräsidentin gewählt wurde, eine der herausragenden Persönlichkeiten der Nachkriegs-SPD. „Das war natürlich ,Frau Renger‘ für mich.“ Bis der Nicht-Duzer Wulf ehrenamtlicher Geschäftsführer der Kurt-Schumacher-Gesellschaft wurde. Deren Vorsitzende war Annemarie Renger und die wollte partout geduzt werden. Wulf lavierte einige Wochen herum, bis der Vorsitzenden der Kragen platzte .„Eines Tages hat sie mich in ihrem Büro auf einen Stuhl gesetzt und gesagt: Das geht nicht so weiter. Ich rede Dich mit Onno an und Du sagt ständig Frau Renger. Damit ist jetzt Schluss. Ich bin die Annemarie, verstanden?“ Wulf zuckt mit den Schultern. „Sie hat mich praktisch zum Du gezwungen.“
Bei seinem ersten Job in der Politik war das „Du“ kein Problem. Denn seinen Arbeitgeber kannte er schon lange, er wohnte gegenüber dem Haus seiner Eltern in Heisfelde. Er hieß Günther Tietjen. Ältere Sozialdemokraten bekommen heute noch Glanz den Augen, wenn der Name fällt. Der Leeraner Ex-Kripobeamte war seit 1972 SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Unterems und hatte einen legendären Ruf als begnadeter Strippenzieher. „Freitagabends ruft Günther mich an: Onno, morgen früh halb acht, schwarzer Anzug, Schlips. Du fliegst mit zum Staatsakt für Willy Brandt.“ Auch 18 Jahre danach muss Wulf noch den Kopf schütteln. „Ich zum Staatsakt? Außerdem hatte ich gar keinen schwarzen Anzug. Wo bekommt man am Freitag nach Ladenschluss noch einen her?“ Von einem Freund leiht er sich schließlich dessen Hochzeitsanzug. „500 000 Genossen hätten wer weiß was dafür gegeben, um beim offiziellen Abschied von Willy dabei zu sein. Keine Chance, an Karten zu kommen. Außer für Günther. Der hat welche besorgt.“ Wie? In der Woche vor der Trauerveranstaltung für den SPD-Ehrenvorsitzenden hatte Tietjen Bundestagskollegen von den anderen Parteien, die nicht zum Staatsakt wollten, ihre Eintrittskarten abgeschwatzt und an enge Mitarbeiter und Freunde verteilt. „Ich glaube, ich war Johnny Klein“, meint Wulf sich zu erinnern. Hans „Johnny“ Klein: CSU-Mann, damals stellvertretender Bundestagspräsident und 61 Jahre alt. So kam es, dass der 27-jährige Onno Wulf aus Leer-Heisfelde im Anzug mit zu kurzen Armen unter den wichtigsten Repräsentanten aus der ganzen Welt saß, um Abschied von Willy Brandt zu nehmen. „Es war sensationell: Ich zwei Reihen hinter Gorbatschow und Prinz Charles.“ Das war 1992 und der Student der Politologie und Literaturwissenschaften hatte inzwischen schon fünf Jahre Erfahrung als Mitarbeiter von Tietjen. Erst Semesterjobs im Wahlkreisbüro in Leer, nach der Wende für ein halbes Jahr Aufbauhelfer für die SPD in Wolgast inklusive Wahlkampf gegen den späteren CDU-Verkehrsminister Günther Krause. „Mir hat das unheimlich Spaß gemacht und ich wusste: Das ist genau das, was ich will.“
Wulf ist mittlerweile seit über 20 Jahren in seinem Traumberuf. Es gibt nicht viele, die so lange im Bundestag sind wie er. „Weniger als eine Hand voll“, schätzt er. Wulf, dezenter Schlips, dunkler Anzug mit SPD-Abzeichen am Revers, gehört zu der Schar derer, die man selten sieht, von denen man noch weniger hört und ohne die keiner der über 600 Bundestagsabgeordneten funktionieren könnte. Meist sind es junge Männer und Frauen, frisch von der Universität, hochmotiviert und oft nicht besonders gut bezahlt. Sie machen den Job, der in den Sitzungswochen gerne auch 14-Stunden-Tage bedeutet, ein oder zwei „Perioden“ lang, wie es im Jargon heißt, also vier oder acht Jahre. Dann haben sie so viel Erfahrung im Politikbetrieb gesammelt und so viele Kontakte geknüpft, dass sie ans Geldverdienen denken können. Manche bewerben sich selbst um ein Bundestagsmandat, andere finden lukrative Jobs als Lobbyist oder in Stabsstellen von Industrieunternehmen, einige gehen in die Wissenschaft.
Bleiben tun die wenigsten. Denn der Beruf des wissenschaftlichen Mitarbeiters hat einen ganz gravierenden Nachteil: Alle vier Jahre muss man um seinen Job zittern. Wenn „sein“ Abgeordneter bei der Wahl durchfällt, steht Onno Wulf erst einmal auf der Straße. „Das“, sagt Wulf, „ist der Mist dabei: Man muss alle vier Jahre schwitzen.“
Fünf Mal hat der heute 45-Jährige geschwitzt, fünf Mal hat es geklappt. Nach dem frühen Tod von Günther Tietjen – er stirbt 1993 mit nur 49 Jahren – findet er für den Rest der Legislaturperiode eine Stelle im Büro von Kurt Palis, SPD-Bundestagsabgeordneter für Soltau-Fallingbostel. „Ein wunderbarer Mensch.“ 1994 wird Reinhold Robbe aus Bunde Nachfolger von Tietjen im Bundestag, Wulf wechselt zu ihm. 1998 zieht er ein Zimmer weiter zu Gerd Höfer aus Nordhessen, wie Robbe Verteidigungspolitiker und heute Präsident des Reservistenverbandes. „Ein großes Vertrauensverhältnis und eine Stelle mit Familienanschluss, einfach toll.“
Seit 2009 arbeitet er für Dr. Edgar Franke, der den Wahlkreis von Höfer übernommen hat. Sein neuer Chef hat nicht nur Onno Wulf von Höfer übernommen, sondern auch Höfers Büroorganisation. Andere Abgeordnete haben eine Sekretärin und einen, manche sogar zwei Mitarbeiter. Dr. Franke hat nur Onno Wulf. „Ich schreibe die Briefe, ich koche den Kaffee, ich mache die Fotokopien.“ Und nebenbei macht er das, wofür wissenschaftliche Mitarbeiter eigentlich da sind.
Nach 15 Jahren Verteidigungspolitik musste Wulf 2009 das Fachgebiet wechseln, denn Dr. Franke ist Gesundheitspolitiker. „Das ist kein Problem, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter muss alles können,“ sagt Wulf, der nicht unbedingt unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet. „Mein neuer Abgeordneter hatte keine Ahnung von Bundestag, ich keine von Gesundheitspolitik. Wir haben uns im ersten Jahr gegenseitig viel beigebracht.“ Er schwärmt förmlich von seinem Arbeitgeber. Der lebe den Begriff Teamarbeit. Was der über OnnoWulf denkt, findet man auf seiner Homepage: „Ostfriese zwar, aber trotzdem in Ordnung.
“Ostfriese? Tee trinkt der Leeraner schon lange nicht mehr, das Wasser in Berlin taugt nichts. Den Kontakt in die Heimat beschränkt er auf Familie und ein paar Freunde, „sonst sind die Wochenenden gleich voll verplant“. Bei „Facebook“ bezeichnet sich Wulf als „Exil-Ostfriese“. Was ihm prompt den schweren Rüffel einer Genossin aus Bingum einbringt: „Das heiße ,Buten-Ostfriese“, nicht ,Exil-Ostfriese‘.“Wulf ist zumindest ein sehr zufriedener Buten-Ostfriese. „Es läuft genau so, wie ich mir das vorgestellt habe, als ich damals bei Tietjen anfing.
“Nicht nur, dass er in seinem Traumjob arbeitet, hautnah dabei ist, wenn „große Politik“ gemacht wird, sondern „ich habe mit meinen Abgeordneten bis jetzt richtig, richtig, richtig viel Glück gehabt.“ Und das sei „ganz, ganz, ganz wichtig“. Und wenn das Glück zu Ende geht? Was wird, wenn sein „Chef“ es bei der nächsten Wahl 2013 nicht schafft? Was für Alternativen hat jemand, der so lange solch einen Job macht? Es bleibt natürlich die Möglichkeit, bei einem anderen Abgeordneten anzuheuern. „Oder ich könnte selbst Abgeordneter werden“, sagt Wulf, der seit einem Jahr Familienvater ist, trocken und lässt nicht durchblicken, ob er das ernst meint.
Vielleicht ein Job in der Partei? Remmer Hein, Wulfs Vorgänger als Mitarbeiter von Tietjen, früherer SPD-Geschäftsführerin Leer und „sein Lehrmeister und Vorbild“, wie Wulf mehrfach betont, ist mittlerweile in der Parteizentrale der niedersächsischen SPD tätig. Wäre das auch für ihn eine Alternative? „Nein“, sagt Wulf, „Partei, das ist nichts für mich. “Vielleicht Lobbyist? Schließlich hat Wulf in über 20 Jahren reichlich Kontakte gesammelt. „Nein, das geht auch nicht“, ist die bestimmte Antwort. „Nicht, dass ich grundsätzliche Bedenken hätte. Das Geld würde mich auch nicht stören. Aber mir fehlt dafür eine wichtige Eigenschaft: Ich bin kein guter Verkäufer.“ „Meine Stärke ist, dass ich weiß, wie Politik geht und wie dieses Land funktioniert. Ich kann Politik erklären und Kontakte vermitteln.“ Also Politikberater? Er wiegt den Kopf. „Politikberaterfirmen sind hier in den letzten Jahren wie die Pilze aus dem Bodengeschossen. Kann man damit überhaupt noch Geldverdienen?“ Begeisterung klingt anders. Nein, Onno Wulf bleibt dabei: Wissenschaftlicher Mitarbeiter eines SPD-Bundestagsabgeordneten, das ist sein Ding. Auch wenn er den Job schon so lange macht und findet, dass sich das Politikgeschäft nicht zum Besseren verändert hat. „Tietjen, Renger, Höfer – die gehören nicht mehr hierher“, sagt er und man hört, wie er das bedauert.