Berlin – Die Krankenhäuser können nicht damit rechnen, dass die Bundesregierung außerhalb der Pflege die Tarifsteigerungen der vergangenen Monate refinanzieren wird. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag hervor.
Die Bundesregierung lehne „Forderungen nach einer umfassenden Tarifrefinanzierung für alle Beschäftigtengruppen
des Krankenhauses […] ab“, schreibt Edgar Franke (SPD), Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in
der Antwort.
Er wies darauf hin, dass sich die Unterschiede und Begrenzungen in der Tarifrefinanzierung insbesondere aus dem
Aspekt der Finanzierbarkeit entstehender Mehrbelastungen erkläre. Auch gesundheitspolitische Schwerpunktsetzungen
seien vor diesem Hintergrund zu bewerten.
Dementsprechend sei mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz lediglich eine volle Refinanzierung von Tarifsteigerungen für das Pflegepersonal in der Krankenpflege vorgenommen worden. Dort habe die Bundesregierung den Bedarf für eine spürbare Verbesserung der Arbeitssituation gesehen. Franke betont aber auch, dass in den Eckpunkten für eine Krankenhausreform eine Prüfung vorgesehen sei, ob weitere Maßnahmen zur Liquiditätssicherung in Bezug auf die Tarifkostenentwicklung notwendig seien.„Das Prüfergebnis
bleibt abzuwarten“, erklärte Franke.
Bei der Prüfung seien unter anderem die Finanzierbarkeit entstehender Mehrbelastungen durch Beitragszahler wie
Arbeitgeber zu berücksichtigen. Dies sei auch für die Bundesregierungen der vergangenen Legislaturperioden ein
wichtiger Aspekt bei den Begrenzungen der Tarifrefinanzierung.
In den vergangenen Wochen hatten sich unter anderem die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)
und der Bund mit den Gewerkschaften Verdi und dem dbb Beamtenbund und Tarifunion auf einen Tarifabschluss für die mehr
als 2,6 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen verständigt. Auch der Marburger Bund (MB) einigte sich mit
der VKA auf einen Abschluss für die Ärzteschaft an den kommunalen Krankenhäusern.
Der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger kritisiert die Bundesregierung.„Obwohl die Deutsche Krankenhausgesellschaft
unter Berücksichtigung aller Energiehilfen der Bundesregierung ein inflationsbedingtes Defizit von rund zehn Milliarden Euro bei den deutschen Krankenhäusern bis Ende 2023 prognostiziert, ist die Bundesregierung nicht einmal bereit, die Tarifsteigerungen für die Beschäftigten in den Kliniken vollständig auszugleichen“, monierte er.
Die Tarifsteigerungen für das ärztliche und pflegerische Personal seien „unstreitig angebracht und verdient“. Wenn man
aber bedenke, dass allein die kommunalen Krankenhäuser damit 672 Millionen Euro extra aufwenden müssten, sei die
Bundespolitik aufgefordert, in Zeiten klammer Kommunalkassen ihren Beitrag für den Erhalt einer flächendeckenden
Krankenhauslandschaft als Beitrag zur Daseinsvorsorge zu leisten.
„Einfach nur zu ,prüfen‘, inwiefern der Bund im Rahmen der geplanten Krankenhausreform hier noch weitere Gelder
locker machen kann, ist fahrlässig, ja politisch unverantwortlich“, sagte Pilsinger dem Deutschen Ärzteblatt. Diese Passivität der Bundesregierung werde zu einem forcierten Krankenhaussterben beitragen.„Immer mehr Kliniken werden diese Reform wohl nicht mehr erleben.“ © may/aerzteblatt.de