„Wir werden die Namen und Schicksale von Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu nie vergessen.
Ich habe seit dem rassistischen Terroranschlag häufig ihre Familien getroffen. Der Attentäter hat ihnen ihre geliebten Kinder, Eltern und Geschwister genommen. Ihre Familien haben unfassbares Leid erfahren. Die Pandemie machte gemeinsames Trauern noch schwerer. Wir haben versucht, psychologisch, praktisch und finanziell zu helfen.
Die Familien der Opfer kämpfen sich mit großer Kraft zurück ins Leben. Wir werden weiter für sie da sein, auch noch Jahre nach der Tat. Den Opfern muss all unsere Aufmerksamkeit und Solidarität gelten.
Unsere Gesellschaft darf gerade jetzt nicht weiter auseinanderdriften. Wir müssen hart daran arbeiten, das tief erschütterte Vertrauen in den Schutz des Staates wieder zu gewinnen. Wir dürfen nicht vergessen, welch tiefe Ängste ein solcher Anschlag bei all den Menschen auslöst, die rassistische Angriffe im Netz und auf der Straße erleben. Wir müssen Rassismus, Gewalt und Diskriminierung konsequent bekämpfen und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft stärken. Dafür müssen die Maßnahmen, die wir im Kabinettausschuss gegen Rechtsextremismus als Konsequenz aus Hanau beschlossen haben, schnell umgesetzt werden.
Aus Sicht vieler Opfer steht die Aufklärung noch am Anfang. Gegen einen toten Attentäter kann es keinen öffentlichen Strafprozess geben, in dem die Opfer Fragen stellen können. Umso wichtiger ist es, trotzdem alle Hintergründe lückenlos aufzuklären. Nur so ist eine Verarbeitung der schrecklichen Traumata überhaupt denkbar. Die Beantwortung der quälenden Fragen der Hinterbliebenen an die hessischen Behörden nach nicht funktionierenden Notrufen oder der Waffenerlaubnis des vor der Tat schon lange auffälligen Täters ist überfällig.“
Erläuterungen:
Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke, war seit dem Anschlag an 30 Tagen für persönliche Gespräche mit den Hinterbliebenen der Opfer, Verletzten und Augenzeugen in Hanau. Gemeinsam mit den Opferbeauftragten der Stadt Hanau und des Landes Hessen sowie allen weiteren Beteiligten – u.a. der hessischen Polizei, der Bundesanwaltschaft, dem Bundeskriminalamt, Opferhilfeeinrichtungen, dem Ausländerbeirat der Stadt Hanau, zivilgesellschaftlichen Initiativen und Glaubensgemeinschaften – koordinierte er die Unterstützung der Opfer. Die Stadt Hanau hat eine psychosoziale Koordinierungsstelle eingerichtet, bei der alle psychosozialen Unterstützungsangebote gebündelt und organisiert wurden. Der Opferbeauftragte hat am Tag nach dem Anschlag ein 24-Stunden-erreichbares psychosoziales Beratungstelefon geschaltet.
Um ihnen in dieser schrecklichen Zeit Existenznöte zu nehmen, hat der Bund die Betroffenen mit finanziellen Soforthilfen in Höhe von bislang 1.199.000 Euro unterstützt, davon 1.090.000 Euro an 42 Hinterbliebene (Eltern, Ehe- oder Lebenspartner, Kinder, Geschwister) und 109.000 Euro an 19 körperlich verletzte und traumatisierte Opfer. Weitere, auch dauerhafte Unterstützung ist nach dem Opferentschädigungsgesetz möglich. Zudem hat das Land Hessen einen Opferhilfefonds eingerichtet.